Wie die Ingenieure von Morgen die heutigen Bastler sind oder der Zufall ist ein Arschloch

Was für ein Scheisstitel, denken Sie? Barbarisch, nicht wahr? Dessen ungeachtet lesen Sie noch weiter? Chapeau! Ich verbeuge mich vor Ihnen. Ihrer Courage. Ihrem Durchhaltevermögen.
Wenn Sie jetzt immer noch interessiert sind, dann rate ich Ihnen, bleiben Sie dran. Es kann nur besser werden. Sofern Sie ein Pause benötigen, legen Sie eine ein. Keine Sorge, ich werde nicht verschwinden. Giessen Sie sich Kaffee ein oder einen Rotwein. Achten Sie jedoch auf die Tages- oder Nachtzeit. Weshalb, erfahren Sie gleich.

Denn sollte Ihnen jemals der Fauxpas unterlaufen, sich frühmorgens im schlaftrunkenen Zustand Rotwein in ihre superteure alessidesignte Thermoskaffeekanne zu schütten, könnte dies – Achtung – destruierende Folgen für Sie haben. Stellen Sie sich vor, Sie bemerken den Irrtum am Bahnhof. Auf den Zug wartend. Vielleicht würden Sie im ersten Moment ob der säuerlichen Note des Saftes angewidert stehen bleiben und sich der vermeintlich falschen Brühe entledigen wollen, sich jedoch rascher als es Ihnen lieb ist mit dem floral-ätherischen Abgang des Gesöffs arrangieren. Gar ekstatisch am Becher nippend denken: „ha, weshalb Kaffee zum Frühstück, wenn ich Wein haben kann? Lang lebe Dyonisos!“ Im Geiste würden Sie dem Weingott zuprosten und sich herrlich fühlen. Ihre Mitreisenden würden Ihren Rauschzustand nicht bemerken. Zumindest so lange Sie sitzend diesen Text lesen, weitersaufen und sich einigermaßen anständig verhalten würden. Doch spätestens dann, wenn die Zugbegleiterin Sie heftig insistierend zum Verlassen des Zuges auffordern müsste – da Endbahnhof – Sie daraufhin maulend aus dem Waggon torkeln, in den nächstbesten Mülleimer pinkeln, lallend die Landeshymne grölen und die Aufmerksamkeit des Wachpersonals im Umkreis von drei Kilometern auf sich ziehen würden, könnte auch Graf  Zahl aus der Sesamstrasse riechen, dass da was gewaltig stinkt.
Überlegen Sie sich gut, was und wann in leere Behälter gehört. Es könnte Ihr Leben für immer verändern.

Sie wollen doch noch wissen, was es mit den Ingenieuren auf sich hat? Wie diese zu Bastler stehen? Und was der Zufall dabei für eine Rolle spielt? Laut nationaler Statistik kann ich Ihnen sagen: Datenerhebung gleich Null. Nichts. Nada. Rein gar nichts. Ob Bastler nun die besseren Ingenieure sind oder ob Ingenieure mehr basteln als Bastler es tun und welche Qualität das Endprodukt der verschiedenen Berufsspezies vorweist, insofern Bastler als Beruf angegeben werden darf, wurde noch nie überprüft. Natürlich könnte ich hier flunkern und Ihnen ein paar Zahlen liefern, eine hübsche Infografik und so, kennen Sie ja. Keine Daten, keine Auswertung. Basta. Eventuell fühlen sie sich Anbetracht dieses Inhalts wegen frustriert, ein bisschen verarscht. Im besten Fall – zumindest für mein schreiberisches Ego – fühlen Sie sich ermutigt, der Sache auf den Grund zu gehen, eigene Recherche anzustellen oder gar eine  Statistik zum Thema Bastler und Ingenieure zu verfassen.

Liebe Leserin, lieber Leser. Immer noch da? Oder wieder? Vielleicht ein paar Zeilen übersprungen? Echt, ich muss Ihnen ein Kränzchen winden. So viel Effort Ihrerseits lässt mich erröten.
Nun, lassen Sie sich sagen: was ich mit Ihnen im obigen Text gemacht habe, passiert Leserinnen und Lesern tagtäglich. Kennen Sie das? Sie öffnen Ihre Zeitung. Am Frühstückstisch, im Zug, in der Pause an der Arbeit. Ein reisserischer Titel lenkt Ihre Aufmerksamkeit auf einen Bericht, sie werden im wahrsten Sinne des Wortes durch eine prahlerische Überschrift in einen Text “reingezogen”. Neugier siegt über Vernunft. Grafiken und viel Schönred-BlaBla folgen, lassen den Inhalt gehoben oder überheblich erscheinen, man sieht ihn buchstäblich glänzend vor sich wegschweben. Schachtelsätze, die besser zusammengekittet sind als die Mauer des Berner Münsters und länger daherkommen als die Zugstrecke Basel-Lugano verwirren gehörig. Worte von deren Existenz Sie bis anhin nicht die geringste Ahnung hatten, berauschen Sie derart, als hätten Sie sich wirklich einen halben Liter Rotwein auf nüchternen Magen gegönnt. Am Ende, insofern Sie haben durchgehalten, werden Sie nicht Heureka rufen. Nein, öfter werden Sie sich fragen, was zum Teufel Sie soeben gelesen haben. Sich gegebenenfalls auch ein bisschen über die verschwendete Zeit ärgern.

Manchmal lasse ich mich beim Zeitung lesen gerne auf solch nichts sagende Artikel ein, die vermehrt anzutreffen sind und wohl einer lauen Unterhaltung dienen sollen, nach der ich nicht gefragt hab. Doch je älter, reifer ich werde, desto mehr vermisse ich sie. Ich vermisse die authentischen Titel auf die authentische und für jedermann verständliche, transparente Fakten folgen, verfasst von authentischen Menschen, die sich ihrer Verantwortung des Gemeinvolkes gegenüber voll und ganz bewusst sind. Ich bin einfach gestrickt. Wenn es um Informationen geht, will ich informiert werden. Wenn mich nach Ausschmückungen, Fabelwesen und verschleierten Halbwahrheiten dürstet, lese ich einen Roman.

Was der Zufall mit diesem Text zu tun hat? Wie der Zufall so wollte, traf ich rein zufällig auf zwei Buben, die aus einer Entsorgungsmulde zufällig diverse Dinge stibitzten. Ganz zufällig ist das aber eine andere Geschichte.

Croseo i Cymru – der etwas andere Reisebericht

Schon früh eilte dem Froilein der schlechte Ruf voraus, eine Minderbegabung in Mathematik an den Tag zu legen. Die miserablen Noten wurden Jahr für Jahr dem nächsten Lehrer weitergereicht, ausreichend versteckt hinter dem Deckblatt des Zeugnisheftes. Ihr Unverständnis Zahlen gegenüber ging so weit, dass sie irgendwann anfing das Dezimalsystem in Frage zu stellen. In der Oberstufe verleitete ihr mangelndes Geschick für Gleichungen und sonderbare Formeln einen Dozenten gar zu einem Zweizeiler: “Du kannst lesen und kannst schreiben, lass die Mathe lieber bleiben.” Für immer geprägt und geknickt, verliess das Froilein die Mathe-Förderstunde und schwörte den Zahlen fortan ab.

Das Froilein verzichtet aber nicht nur herzlich gerne auf Zahlen, sondern auch auf plakative Reiseberichte. Worte wie atemberaubend, beeindruckend und wunderschön können das Gesehene und Erlebte nicht im Geringsten widerspiegeln. Zu trivial, zu platt.

Deshalb ein Wagnis sondergleichen. Ein kleiner Reisebericht in Zahlen:

  • gesichtete Schafe: 10000², davon geschoren 104’278, davon wiederum dürftig geschoren 35677
  • Schlösser und Burgen: 12², davon intakt 3
  • Herrenhäuser: 1 (dafür riesengross)
  • Kreisel: 3137 (geschätzter Wert, Quelle:  Schwindel- und Übelkeitsstatistik K. Hrup)
  • Regentage: 1,2 (bei einer Aufenthaltsdauer von 14 Tagen)
  • Hügel (genannt Mount): genügend, davon einer mit langsamster Lokomotive der Welt erklommen (Mount Snowdon)
  • unaussprechliche Worte (walisisch): 4350
  • besuchtes Dorf mit längstem Namen Europas: 1
  • Strände: 45, davon Sand 40
  • Pubs: mindestens 1 pro walisischem Einwohner, d.h. so um 3 Millionen (gefühlter Wert), davon Manchester (wird als ein grosses Pub bezeichnet)
  • gesichtete Delfine: 2
  • gelernte Worte (walisisch): 4
  • Windstärke: zwischen 5 und 42 km/h schwankend
  • Cholesterinwert: 286 mg/dl (blörch)

Fazit: wer Meeresbrisen, Wälder, Moore, sanfte Hügel, Einsamkeit und Stille mag, auch Regentage nicht scheut, wer gerne in uralten Pubs abhängt und sich von deren mystischen Stimmung einlullen lässt, wer den Klang einer rauen und doch melodischen Sprache kennenlernen möchte, dem sei Wales wärmstens zu empfehlen.