Sie verfluchen dich. Kommst du des Weges, schlagen sie ihre Mantelkragen hoch und laufen mit gesenkten Köpfen, eiligen Schritten und verdrossen vor dir davon. Du bist ungewollt. Hässlichkeit wird dir nachgesagt. Ungefragt trägst du diese Bürde.
In dich wurde ich hineingeboren. Du hattest deine graue Decke über die Felder und Wiesen gelegt und den See zum Schweigen gebracht an jenem Donnerstagmorgen, erzählt man sich. In dich wurde ich wider deine Natur lautstark hineingeboren, dennoch hast du mich mit offenen Armen empfangen, dich schützend um mich gelegt, als wäre ich dein eigenes Kind. Trotz deiner Kälte und Nässe, strahltest du für mich Wärme aus. Selbst die vielen Jahresringe in meinem Leben haben nichts an meiner Zuneigung zu dir geändert.
In ihren Augen bist du die wahr gewordene Dystopie, launisch, die Zerstörung alles Schönen, der Tod im stürmischen Gewand, der keine Sense dazu braucht um uns in die Knie zu zwingen und zu sagen: „Haltet ein! Seid still! Besinnet euch!“ Wer dich verleugnet, den brichst du. Nicht weil du es tun willst, sondern weil du es tun musst. Mein Geliebter, ich liebe dich, weil du anders bist. Seltsamer, mysteriöser. Undurchdringlich, undurchschaubar, ungeliebt. Ich erkenne dich. Ich verstehe dich. Du tust, was du tun musst. Bist wahrhaftig.
Doch morgen gehst du wieder fort. Ich höre, wie sie aufatmen, da draussen, wenn du gegangen bist. Durch den Advent wirst du ersetzt, die Zeit der wärmenden Lichter, der Liebe und des Friedens. Für mich fühlt es sich falsch an. Ungerecht dir gegenüber. Als sei alles abwegig was du tust und nur das kommende habe Richtigkeit. Diese Zeit des Friedens, mein Ungewollter, wird nie so aufrichtig sein, wie du es bist.
Lebewohl, mein Ungewollter. Vermissen werd’ ich dich, denn in dir darf ich schweigen, bis ich mich selber höre; darf ich still sein, bis ich mich selber verstehe; darf ich so stark fühlen, bis es wehtut. Du machst mich lebendig. Nie werde ich verstehen, weshalb sie dich verfluchen, die Augen vor deiner Schönheit verschliessen. Denn kein anderer zeigt uns wahrhaftiger, wie fehlbar und endlich wir sind, wie Gehen und Werden zusammengehören. Und dass du ungeachtet all der entgegengebrachten Abneigung, in deiner Tiefe etwas Unergründliches aufbewahrst, das irgendwann wieder Blüten treibt.
In dich wurde ich hineingeboren, geliebter November, und in dir will ich eines Tages sterben, im Wissen dass du Ende und Anfang zu gleichen Teilen bist.